AUS DER NOT EINE TUGEND MACHEN

Wenig Zeit, knappe Ressourcen und keine Erfahrungen im Eventmanagement: Mit diesen Voraussetzungen hat Laura ein erfolgreiches Netzwerktreffen auf die Beine gestellt. Wie sie das gemacht hat? Sie hat sich einer Binsenweisheit bedient: aus Not eine Tugend machen.
Für mich ist das neudeutsche Wort dafür: Networking. Die Idee des Networkings ist modern und in aller Munde. Kein Wunder, dass nicht nur im MINT-Bereich kommunale, regionale und überregionale Netzwerke sprießen und gedeihen. Aber was macht die Arbeit in einem Netzwerk so überaus attraktiv? Die alte Redensart bietet eine Antwort.
Netzwerke sind wie Gehirne
Ich verbildliche mir dieses Phänomen gerne mit dem Vergleich von einem Netzwerk mit einem Gehirn (ich bin ja auch schließlich zur Hälfte Biologin). Ein Gehirn besteht aus nahezu unzähligen einzelnen Nervenzellen. Die Aufgaben, die eine einzelne Nervenzelle bewältigen kann, sind ziemlich überschaubar: Sie empfängt Informationen, verarbeitet sie und gibt sie weiter – und zwar nur in direkter Nachbarschaft. Es ist nicht leicht zu verstehen, wie diese einfachen Aktionen zu den komplexen und vielfältigen Fähigkeiten des Gehirns führen können. Aber genau hier wird aus der Not eine Tugend: Durch die Netzwerkarbeit der einzelnen Nervenzellen werden Möglichkeiten potenziert und ein komplex arbeitendes Gehirn kommt dabei heraus.
Das Gleiche gilt auch für unsere gesellschaftlichen Netzwerke. Die einzelnen Partner*innen eines Netzwerkes haben begrenzte Möglichkeiten zu wirken. Reichweiten, Ressourcen, Expertisen und Erfahrungen sind für jeden Stakeholder unterschiedlich ausgeprägt, aber eines haben sie gemeinsam: Sie sind begrenzt. Erst durch das Wirken in einem Netzwerk, durch das Einbringen der eigenen Stärken, können die eigenen Rahmenbedingungen durch Synergien verbessert werden, Expertisen können einander ergänzen und Erfahrungen allen zu Gute kommen. Es ist besser, ein erfundenes Rad zu nutzen und anzupassen, anstatt es immer wieder auf’s Neue zu erfinden. Daher ist das Networking so wertvoll.
Die Challenge
Auch wenn der Vergleich mit einem Gehirn die Sache etwas greifbarer macht, scheint das Networking als solches doch noch abstrakt zu sein. Daher möchte ich euch zeigen, wie das große Gehirn namens Netzwerk bei unserem Netzwerktreffen am 13. September zum Zuge kam:
Der Auftrag
Richte eine Netzwerkveranstaltung aus, bei der die ersten Grundsteine für die Netzwerkarbeit gelegt werden. Erreiche dabei möglichst viele Stakeholder und generiere für alle Teilnehmer*innen Mehrwerte. Gestalte das Ganze möglichst innovativ und interaktiv. Nimm aber einen kurzen zeitlichen Rahmen, damit möglichst viele teilnehmen können und wollen. Wer ist nicht abgeschreckt bei einer unbekannten Veranstaltung, die mich ganze 6 Stunden in Beschlag nimmt?
Die Rahmenbedingungen
Knappe finanzielle und personale Ressourcen, wenig Planbarkeit wegen unbekannter tatsächlicher Teilnehmerzahlen, eine Menge toller aber nicht umsetzbarer Ideen, wenige eigene Erfahrungen in der Ausrichtung einer solchen Veranstaltung – ganz normales Eventmanagement also.
Nun, es ist klar, dass eine kleine Nervenzelle (das bin ich) mit sehr begrenzten Möglichkeiten vor unheimlich komplexen Anforderungen steht. Wie soll eine einzelne Person diese Anforderungen zufriedenstellend erfüllen? Die Antwort: aus der Not eine Tugend machen. Hierfür zwei Beispiele.
Das Netzwerken für die Netzwerkveranstaltung
Zunächst beginnt solch ein Prozess natürlich mit vielen offenen Fragen, die wichtigste scheint mir aber diese zu sein: Wie gehe ich jetzt vor? Ich gebe zu, ich habe sehr wenig Erfahrung in der Ausrichtung von Netzwerkveranstaltungen. Genauer: keine. Hier kommt wieder das Netzwerk ins Spiel. Viele Partner*innen weisen langjährige Erfahrung im Networking auf. Manche davon sind den Weg der Systematisierung ihrer eigenen Angebote bereits gegangen – und können diese Expertise im Netzwerk teilen.
Mit einem informativen und hoffentlich inspirierenden Input ist die gemeinsame Erarbeitung immer noch nicht erreicht. Wer gemeinsame Zielsetzungen und Systematisierungsansätze zum Mehrwert für alle bereitstellen will, muss diese Erarbeitung auch fördern. Es ist nicht damit getan im stillen Kämmerlein irgendwelche Strategien am Reißbrett zu entwerfen. Ich jedenfalls würde fremde Ideen nicht umsetzen wollen, wenn sie völlig an meiner alltäglichen Realität vorbeigehen – und das gehen sie, wenn ich da nicht ein Wörtchen mitsprechen konnte.
Ich möchte an dieser Stelle schuldbewusst zugeben, dass ich vor meiner Arbeit im Projekt TRANSFER TOGETHER noch nie etwas von „Design Thinking“, „Barcamps“ oder „Pitchen“ gehört habe – geschweige denn eine Ahnung davon hatte, wie so etwas einzusetzen ist. Seitdem bemühe ich mich stetig, aber der Nachholbedarf besteht nach wie vor.
Andere sind jedoch im Gegensatz zu mir äußerst bewandert im Einsatz von innovativen Methoden. Die Hopp Foundation for computer literacy & informatics beispielsweise weißt unter anderem große Expertise in der Nutzung von „Design Thinking“ auf. Sie bieten nicht nur Workshops zur Fortbildung an – wenn man nett fragt und dazu noch abgebrannter Bildungsanbieter ist, leihen sie sogar „Design Thinking“ Coaches aus. So lernte ich unsere beiden Moderatorinnen Chloe und Coleen kennen. Mithilfe der beiden konnte die Veranstaltung erst so wirklich innovativ und interaktiv ausgerichtet werden. Ihre Methoden gepaart mit engagierten und kreativen Köpfen eines Netzwerkes generieren Ideen für das gesamte Netzwerk, die mir allein niemals in den Kopf gekommen wären.
Meine Möglichkeiten waren sehr begrenzt und das empfand ich als eine Not. Aber durch die Einbindung von Institutionen, Expertinnen und Experten und des Netzwerkes wurde es ein Erfolg!
Impressionen einer Netzwerkveranstaltung
Was habe ich ganz persönlich aus dieser Veranstaltung gelernt? Zunächst einmal konnte ich hautnah miterleben, dass das Konzept der Potenzierung eigener Möglichkeiten durch Netzwerkarbeit (sogar schon bei der Organisation) nicht nur bestens funktioniert, sondern auch ungeheuren Spaß macht. Das mag einerseits daran liegen, dass die verwendeten „Design Thinking“ Elemente kreative und gemeinschaftliche Erarbeitung ermöglichte – ganz anders als klassische Netzwerktreffen mit Konferenzcharakter.
Andererseits stellen gemeinsam ausgehandelte Zielsetzungen und Systematisierungsansätze vom Netzwerk selbst ein gutes Fundament dar, um alle Partner*innen einzubeziehen und die Weiterentwicklung zielorientiert zu sichern. Zudem zeigt mir dieses Vorgehen, dass der Gedanke der „Schwarmintelligenz“ bzw. des „Gehirns“ tief im Netzwerk verankert ist.
Die Rückmeldungen zeigten mir auch, dass Ideen zum weiteren Vorgehen direkt aus dem Netzwerk kommen. So wird unsere nächste Veranstaltung wohl ein „Speeddating“ werden, bei dem Netzwerkpartner*innen sich untereinander vorstellen und ihre Angebote direkt kategorisieren – ganz nach dem Gedanken der Systematisierung. Außerdem wird bei dieser Anschlussveranstaltung das Netzwerken in der Organisation und Ausrichtung wohl noch verstärkt „aus Nöten Tugenden machen“. Viele Teilnehmer*innen wollen sich dabei einbringen und ihre Stärken nutzen, um die Zusammenarbeit noch fruchtbarer und durchschlagender zu gestalten.
Unser Ziel: die Durchschlagkraft für MINT erhöhen!
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei allen Beteiligten bedanken! Für die kreativen und inspirierenden Gedanken jede*r*s Einzelnen, für die tolle Unterstützung der Hopp Foundation und – last but not least – bei unseren kompetenten und beflügelnden Moderatorinnen Chloe und Coleen.

Laura Arndt
Laura ist seit Januar 2018 im Team von TRANSFER TOGETHER und arbeitet für das Teilprojekt MINT-Bildung auch mal in einem Eisfach-Labor, wo zwar wärmeempfindliche Chemikalien geschont werden – die Laborantin aber nicht. Zu Lauras Projektseite.
Es war wirklich ein toller Tag! Wir freuen uns schon auf die Folgeaktivitäten und sind gespannt wie es weitergeht. Viele Grüße aus Mannheim!