“BILDUNGSUNGLEICHHEIT WÄCHST WEITER”

 

Schule, Corona, Bildung, Pandemie, unsplash.com, Marco Fileccia
Die Coronapandemie hat große Auswirkungen auf unsere Schulen. Die PH-Studentin Hannah wirft einen Blick auf die Bildungsungleichheit während der Pandemie und macht Vorschläge, was ihr tun könnt, um die Situation zu verbessern.

Bildung ist ein Menschenrecht – dennoch bestehen Ungleichheiten im deutschen Bildungssystem und die Bildungschancen sind von der frühkindlichen Bildung, über die Schul-, Berufs- und Hochschulbildung hinweg, ungleich verteilt.

Nachdem ich die letzten Monate häufiger auf Artikel und Interviews zu dieser Thematik gestoßen bin, habe ich mich gefragt, welchen Einfluss die Corona-Pandemie in den letzten zwei Jahren auf die Bildungsungleichheit hatte. Die Frage nach Chancengerechtigkeit im Bildungssystem steht schon länger im Fokus der Aufmerksamkeit und muss verstärkt in den Blick genommen werden. Hat die Pandemie dazu geführt, dass die bestehende Bildungsschere weiter geöffnet wurde und welche langfristigen Folgen sind zu erwarten?

Bestehende Bildungsungleichheit und Einfluss der Pandemie

Bekannte Studien, wie die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU), zeigen das bereits im Grundschulalter Bildungsungleichheiten bestehen. Kinder aus sozial begünstigten Familien erreichen am Ende der Grundschulzeit im Durchschnitt höhere Kompetenzen als Kinder aus sozial weniger begünstigten Familien. Ähnliche Unterschiede sind in der Sekundarstufe I zu erkennen. Die soziale Schicht hat Einfluss darauf, welchen Bildungsgang ein Jugendlicher oder eine Jugendliche im Anschluss an die Grundschule besucht.

Keine Gruppe hat während der Pandemie so stark unter politischen Maßnahmen gelitten wie Schulkinder. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie kam es zu Schulschließungen, durch die deutsche Schulkinder ihre tägliche Lernzeit auf die Hälfte reduzierten.

Was es bedeutet, wenn die Lehreinrichtung schließt, habe ich selbst erfahren. Der Studienbetrieb in Präsenz wurde eingestellt und es wurde in die digitale Lehre gewechselt. Aus dem morgendlichen Weg zur Uni, wurde der Weg aus dem Bett, an den Schreibtisch. Nicht vorstellbar, wie sich das für die Schulkinder angefühlt haben muss, die nur bedingt eigenständig arbeiten können.

Doch welche Auswirkungen hatte Corona denn nun auf den Stand der Bildungsgerechtigkeit in Deutschland? Im Auftrag der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der ZEIT hat Forsa Ende September zum dritten Mal Lehrer:innen an allgemeinbildenden Schulen zur Situation der Schulen in der Corona-Krise befragt. Die Ergebnisse wurden auf dem Deutschen Schulportal veröffentlicht.

Ergebnisse des deutschen Schulbarometers – Ungleichheit nimmt zu

Der umfassende Einblick in die Folgen der Schulschließungen für Schüler:innen ist von großer Bedeutung. Online wurden 1.001 Lehrer:innen befragt, von denen 71 Prozent angeben, dass im vergangenen Schuljahr weniger Kinder und Jugendliche die Lernziele erreicht haben als in den Vorjahren. Dass deutlich weniger Schüler:innen die Lernziele erreicht haben, geben insbesondere auch Lehrkräfte von Schulen an, an denen 50 Prozent und mehr der Eltern staatliche Hilfen beziehen. An Förder- sowie an Haupt-, Real- und Gesamtschulen wird der Anteil der Schüler:innen mit Lernrückstand von ihren Lehrkräften größer eingeschätzt als an Grundschulen und Gymnasien.

Von der Pandemie sind besonders Schulen in sozial benachteiligter Lage betroffen. Lehrkräfte, die an diesen Schulen unterrichten, sehen bei knapp jedem zweiten ihrer Schüler:innen (49 Prozent) deutliche Lernrückstände.

Kampf gegen wachsende Bildungsungleichheit

Und nun? Fest steht, dass die Bildungsungerechtigkeit von den Schulen ausgeglichen werden muss. Doch dies können sie nicht allein bewältigen. Sowohl vom Bund als auch von den Bundesländern und regionalen Akteur:innen müssen Unterstützungsangebote initiiert werden. Denn eines steht fest – die entstandenen Defizite durch Schulschließungen und dem damit verbundenen Homeschooling können die Schüler:innen nicht unter Stress und Druck aufholen. Die letzten Monate samt der Schulschließungen waren schwer genug.

Nach kurzer Recherche bin ich auf das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ für Kinder und Jugendliche in 2021 und 2022 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestoßen. Es schafft verschiedene Angebote mit denen beispielsweise Lernrückstände durch gezielte Förderung abgebaut werden sollen. Dies soll mithilfe von zusätzlichen Förder- und Nachhilfeangeboten in den Sommerferien sowie unterrichtsbegleitend gewährleistet werden. Außerdem startete im Rahmen des Bund-Länder-Aktionsprogramms die baden-württembergische Landesregierung zu Beginn des Schuljahres 2021/2022 mit dem auf zwei Jahre angelegten Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“. Von dieser Förderung sollen vor allem die Schüler:innen profitieren, deren Bildungserfolg in besonderem Maße gefährdet ist.

Auf regionaler Ebene wurde das Bildungsprojekt „Deine Lernbox – alles drin für Schülerinnen und Schüler in der Metropolregion Rhein-Neckar“ durch die BASF initiiert und gefördert. Gemeinsam mit der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH und weiteren Partner:innen werden Kinder und Jugendliche unterstützt und Bildungsungerechtigkeit abgebaut. Eingesetzt werden Mentor:innen und Mentees, welche die Schüler:innen individuell unterstützen.

Sowohl längerfristige als auch kurzfristig angelegte Projekte und Programme, auf der Bundes-, Länder- und regionalen Ebene sind notwendig, um zum einen die durch die Pandemie entstandenen Lernrückstände aufzuholen und der Bildungsungleichheit entgegenzuwirken.

Persönlichen Beitrag leisten

Während meiner Recherche stellte sich mir die Frage, wie ich Kinder und Jugendliche unterstützen kann. Habt ihr auch Interesse daran? Dann informiert euch doch gleich nach Projekten und Programmen auf Landesebene oder in deiner Region. Auch Bildungseinrichtungen in eurer Gegend können als Ansprechpartnerinnen dienen. Oftmals besteht eine große Nachfrage nach Unterstützungskräften, wie Lehrer:innen oder auch Studierenden.

Hannah Schreiber, Team, Transfer Together, MRN
Hannah Lene Schreiber

Hannah unterstützt bei der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH Melanie und Nina dabei, die Vernetzung des Projekts und der Hochschule mit der Region zu verstärken.

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