BLOGGING IN DER MUSIKPÄDAGOGIK

Wie können Studierende ihr selbstbestimmtes, forschendes und künstlerisches Arbeiten am besten digital festhalten? Für Kathrin Schweizer („Lieder aus der Fremde“) hieß die Antwort: Blogs. Für eine partizipative Komposition der Komponistin Helga Arias hat sie Studierende mit dem Medium experimentieren lassen.
Auch in der Musikpädagogik hat die Corona-Pandemie viel digitales Innovationspotential freigesetzt. Das TT-Projekt “Lieder aus der Fremde” hat bei der Komponistin Helga Arias eine partizipative Komposition in Auftrag gegeben. Die Vergabe des Werkauftrags fand zu Beginn der Pandemie im März 2020 statt und stellte den weiteren Prozess unter ganz neue Bedingungen. Die Komposition weist sehr viele Leerstellen auf, die von den Mitwirkenden mit Klang gefüllt werden sollen. Eine didaktische Anleitung für das Gestalten dieser Leerstellen wollte das Projekt “Lieder aus der Fremde” gemeinsam mit Studierenden und Kooperationspartnern in verschiedenen Workshops entwickeln. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen wurde diese Entwicklungsphase auf den digitalen Raum verlegt. Konkret wurden in mehreren gemeinsamen Zoom-Sitzungen Ideen entwickelt und vorangebracht, die dann von einzelnen Mitwirkenden in Form von online-Blogs dokumentiert und konkretisiert wurden. Das Medium Blog hat sich als sehr gewinnbringend erwiesen. Daher wollen wir hier einen kleinen Einblick in diese Arbeit geben.
Die mitwirkenden Studierenden erhielten als erste Aufgabe das Eröffnen eines Blogs – sie mussten sich für einen Anbieter, ein Design und eine Adresse entscheiden – und das Verfassen einer kurzen Beschreibung, worum es in ihrem Blog gehen wird.
Blogging hat großes Potenzial
Ab diesem Zeitpunkt wurde im wöchentlichen Wechsel individuell an den Blogs und gemeinsam in Zoom-Sitzungen gearbeitet. Die Studierenden hielten ihre persönlichen Eindrücke in Form von Texten fest und erstellten Materialien, die für das Erarbeiten der Komposition relevant sein würden. Viele Studierenden führten zu Hause auch kleine Klang-Experimente durch, die dazu dienen sollten, den Aufbau und Ablauf der Komposition besser nachvollziehbar zu machen und zu überlegen, wie der von Helga Arias entworfene technische Aufbau mit Klang gefüllt werden konnte. Die Blog-Einträge, Arbeitsmaterialien, Aufnahmen, Videos und Ähnliches wurden in den Zoom Sitzungen vorgestellt und gemeinsam durchdacht. Die Studierenden konnten Verbesserungsvorschläge dann individuell auf ihren Blogs umsetzen und einarbeiten. Zum Ende des Semesters konnten die Studierenden ein individuelles Ergebnis in Form der online-Blogs vorweisen, das gleichzeitig in gemeinsamen Reflexionsprozesse diskutiert und anschließend überarbeitet wurde.
Ein besonders gelungenes Beispiel für einen solchen Blog stammt von Alessia Schieron. Ihr findet den Blog unter dem Link https://alessia-kuenstlerischmusizieren.jimdofree.com/weg-protokoll/.
Das Arbeiten mit digitalen Portfolios birgt ein enormes Potential, um künstlerisches Arbeiten multimedial zu dokumentieren. Genau dieses Interesse ist zentral in dem Bestreben, musikpädagogisches Arbeiten mit künstlerischem Tätigsein zu verbinden. Digitale Portfolios ermöglichen das Erstellen und Präsentieren von Zeichnungen, Skizzen, Karten, Fotos, Videos, Tonaufnahmen und Partituren (Notenschrift, graphisch, Video…). Jeder Beitrag auf den Blogs ist mit einem Datum versehen, sodass die Chronologie des Prozesses nachvollziehbar wird. Dadurch soll unterstrichen werden, dass nicht ein bestimmtes, vorgegebenes Ziel fixiert und angestrebt wird, sondern ein zweckfreier, künstlerisch-experimenteller Raum geschaffen werden soll. Dahinter steht ein Verständnis von Bildung, das das individuelle Bildungsbedürfnis und die persönliche Entfaltung des Subjekts in den Fokus rückt und stärken möchte sowie die Heterogenität der Lernenden als Bereicherung versteht. Durch die Priorisierung der individuellen Bedürfnisse wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Studierenden ihre eigene Wirklichkeit mit künstlerischen Mitteln erforschen und dadurch neue Wirklichkeiten für sich erschaffen. Im künstlerischen Tätigsein ist somit eine Verschränkung von alltäglicher und fiktionaler Wirklichkeit denkbar.

Kathrin Schweizer
Im Projekt Lieder aus der Fremde zeigt Kathrin Kindern und Jugendlichen Musik aus anderen Kulturen und macht deren Vielfalt durch außerordentliche Konzertorte erlebbar.