WIE MACHE ICH EINEN PODCAST?

Podcasts sind beliebt wie nie. Egal, ob Nachrichten, Wissenssendungen, Meditationskurse, Comedy-Shows oder Vorlesungen – das Angebot ist ebenso riesig wie das Potenzial des Formats. Max zeigt euch, wie Podcasts funktionieren, was sie für die Wissenschaft besonders spannend macht und wie ihr selbst einen produzieren könnt. Ein Gastbeitrag des Transferzentrums.
Aber fangen wir ganz vorne an: Was ist eigentlich ein Podcast? Der Begriff entstand in den 2000ern und leitet sich vom Englischen Broadcast (Sendung, Übertragung) und der Bezeichnung für Apples berühmten Mp3-Player iPod ab. Das Gerät war maßgeblich am Erfolg der ersten Podcasts beteiligt.
Wenn wir über Podcasts sprechen, müssen wir aber eine wichtige Unterscheidung treffen: Ein Podcast ist eine fortlaufende oder abgeschlossene Reihe, bestehend aus einzelnen Audiobeiträgen. Das können zum Beispiel Interviews sein, Nachrichten, Reportagen, Erzählungen, Monologe, usw. Daneben zeichnet einen Podcast aus, dass er über einen sogenannten RSS-Feed abonniert werden kann. Dazu später mehr.
Wer hört Podcasts?
Laut aktueller Onlinestudie von ARD/ZDF hörten 2020 rund 27 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren “zumindest selten” Podcasts, Tendenz steigend. Bemerkenswert: Die Coronasituation hat den Audiokonsum insgesamt ansteigen lassen.
Ein ähnlich vielversprechendes Bild des Formats zeichnet die Podrating-Studie, die einen stärkeren Fokus auf die Vermarktung legt. Demnach ist die größte Hörer:innengruppe zwischen 14 und 29 Jahre alt, jedoch greifen die 30- bis 39-jährigen intensiver auf Podcastangebote zurück. Der Studie zufolge haben außerdem rund 40 Prozent der Hörenden einen Hochschulabschluss. Marktführer ist aktuell Spotify mit 48 Prozent, gefolgt von YouTube (28 Prozent) und der ARD Audiothek (20 Prozent).
Ein vielfältiges Format
Die beliebtesten Podcasts im deutschsprachigen Raum sind aus dem Unterhaltungsbereich, wie etwa Gemischtes Hack (Felix Lobrecht, Tommi Schmitt), Fest & Flauschig (Jan Böhmermann, Olli Schulz) oder Baywatch Berlin (Klaas Heufer-Umlauf, Thomas Schmitt, Jakob Lundt). Auch sogenannte True-Crime-Sendungen, in denen echte Kriminalfälle besprochen werden, zählen zu den meistgehörten Podcasts. Hier sind Mordlust (Paulina Krasa, Laura Wohlers) und ZEIT Verbrechen (Sabine Rückert, Andreas Sentker) zu nennen.
Aber auch andere Genre werden bedient: Seien es Nachrichten (Tagesschau in 100 Sekunden, Nachrichten – Deutschlandfunk, Lage der Nation), Wirtschaft (Alles auf Aktien, Jobstories: Der Coaching-Podcast), Gesundheit (Meditation für jeden Tag, Einschlafenpodcast), Politik, Sport, Gaming, Kultur oder Technologie – und nicht zuletzt auch Wissenschaft.
Wissenschaftskommunikation
Inzwischen haben viele Wissenschaftler:innen, aber auch Wissenschaftsredaktionen und Forschungseinrichtungen das Format für sich entdeckt. Am prominentesten ist dabei sicher der aktuelle und prämierte Podcast von NDR Info mit Sandra Ciesek und Christian Drosten, Das Coronavirus-Update. Schon vor der Pandemie waren DailyQuarks (WDR), SWR2 Wissen (SWR2), Spektrum der Wissenschaft (Spektrum), Forschung Aktuell, Wissenschaft im Brennpunkt (beide DLF) oder Eine Stunde History (DLF Nova) beliebte Podcasts aus der Wissenschaft.
Die Vorteile des Formats für die Wissenschaft liegen klar auf der Hand:
- Zeit: Viele Podcasts nehmen sich pro Folge (deutlich) mehr als 30 Minuten Zeit und ähneln eher einem Gespräch als einem aufwendig vorbereiteten Vortrag oder Interview. Das lässt nicht nur reichlich Zeit zum Erklären (und Ausschweifungen), sondern ist obendrein auch sehr einfach in der Vorbereitung.
- Persönlichkeit: Im Gegensatz zum Fließtext können die Wissenschaftler:innen neben ihrer Expertise auch ihre Stimme präsentieren. Das hilft nicht nur dabei, die schwer verständliche Fachsprache abzulegen, sondern vermittelt obendrein einen persönlicheren Eindruck. Die Zuhörer:innen bekommen so auch ein Gefühl vom Menschen hinter der Forschung. Solche Ich-Botschaften können sich positiv auf die Vertrauensbildung auswirken.
- Produktion: Die Produktion eines Podcast ist nur so aufwendig, wie die eigenen Ansprüche an das Ergebnis. Wer die Erwartungen zurückschraubt und sich z.B. auf ein unregelmäßiges, ungeschnittenes Gespräch mit Kolleg:innen beschränkt, wird damit wenig Aufwand haben.
“Heute hat doch jede:r einen Podcast?”
Der Blick auf die beliebtesten Podcasts zeigt, dass sich das Format in kurzer Zeit professionalisiert hat. Hinter vielen Sendungen stecken großen Medienanstalten, wie ARD und ZDF, der Deutschlandfunk oder Spotify selbst. Aber das bedeutet glücklicherweise nicht, dass neben diesen Platzhirschen kein Platz für vermeintlich unprofessionelle Eigenproduktionen mehr ist.
Soll heißen: Wer möchte, kann auch einen eigenen Podcast starten.
Bitte versteht die folgende Liste lediglich als möglichen Rahmen und nicht als Gebrauchsanleitung oder gar als Produktempfehlung. Ihr sollt damit nur einen Eindruck bekommen, worauf ihr euch einstellen müsst, wenn ihr einen eigenen Podcast produzieren wollt. Am Ende ziehe ich den Bildungsplausch als Beispiel heran, wie wir unseren Podcast produzieren.
Hinweis: Ihr wolltet schon immer einmal einen eigenen Podcast machen? Dann lasst euch unterstützen: Das Transferzentrum der PH Heidelberg berät euch und begleitet euch durch den gesamten Prozess. Daneben bietet das Transferzentrum auch regelmäßig Workshops zum Thema an. Weitere Informationen zum Beratungs- und Workshopangebot findet ihr unter https://www.ph-heidelberg.de/transferzentrum/beratung-und-begleitung/offene-hochschule.html.
1. Planung und Strategie
Bevor ihr das Mikrofon einschaltet, solltet ihr euch vorab ein paar strategische Fragen durch den Kopf gehen lassen: Welches Ziel wollt ihr mit eurem Podcast erreichen – und vor allem: Wen wollt ihr erreichen? Was für ein Format ist für euch passend (Interview, Reportage, Monolog, usw.)? Gibt es dafür vielleicht schon Vorbilder? Über welche Inhalte wollt ihr wie sprechen? Wollt ihr das Projekt alleine oder im Team verfolgen? Braucht ihr Gesprächspartner:innen? Handelt es sich um ein langfristiges Projekt? Welche finanziellen, zeitlichen und personellen Ressourcen stehen euch zur Verfügung? Welche Vorkenntnisse habt ihr? Braucht ihr Unterstützung?
Nehmt euch dafür Zeit, denn es spart euch eine Menge Ärger im Nachhinein. Vielleicht setzt ihr euch gemeinsam mit den anderen Beteiligten zusammen und sprecht gemeinsam über diese Fragen. Wenn ihr allein seid, nehmt euch Stift und Papier und schreibt auf, was euch zu den Fragen einfällt.
2. Aufnahme und Audiotechnik
Mit der richtigen Strategie in der Tasche beginnt nun eure erste Aufnahme – aber wie macht ihr das? Wie schon gesagt, Aufwand (und auch Kosten) hängen von euren Ansprüchen ab.
Mikrofon: Ein gutes Mikrofon entscheidet maßgeblich über die Klangqualität der Produktion. Ein vernünftiges USB-Mikrofon bekommt ihr bereits ab 50 Euro. Ein hochwertiges Mikrofon mit XLR-Kabel und eigenständigem Audio-USB-Interface liefert zwar echten Studiosound, beginnt preislich aber bei etwa 300 Euro. Überlegt euch daher vorher, welchen Anspruch ihr an eure Produktion hat. Im Zweifel kann das eingebaute Mikrofon im Handy-Kopfhörer oder das Handy selbst ausreichen.
Kopfhörer und Zubehör: Es empfiehlt sich, während der Aufnahme (möglichst geschlossene) Kopfhörer zu tragen, damit ihr euch selbst und eure Gäste hören könnt. So vermeidet ihr böse Überraschungen, wenn ihr im Anschluss die Aufnahme gegenhört. Viele Podcaster:innen nutzen Mikrofonstative, um die Aufnahme flexibler machen zu können. Schalldämmende Textilien wie Vorhänge, aber auch Schaumstoffelemente können den Raumklang verbessern.
Audiosoftware: Ihr benötigt Software, mit der ihr aufnehmen und im besten Fall auch schneiden könnt. Eine sehr beliebte, kostenlose Lösung ist Audacity. Wie bei den Mikrofonen gibt es auch hier viele Möglichkeiten, hochwertigere (und damit teurere) Lösungen zu nutzen. Wägt hier am besten ab, ob sich das für das Projekt lohnt. Es gibt hier aber bereits eine große Auswahl an Tools. Für Remote-Aufnahmen, bei der sich die Gesprächsteilnehmer:innen an unterschiedlichen Orten befinden, nutzen wir z.B. für den Bildungsplausch-Podcast das ebenfalls kostenlose Tool Zencastr.
Hinweis: Die PH Heidelberg bekommt derzeit ein neues Podcast-Studio, das Mitglieder der PH Heidelberg auch nutzen können. Das Transferzentrum unterstützt gerne begleitend dabei! Egal, ob Forschungspodcast, Schulprojekt oder ein unverbindliches Testen mit dem Format – das Podcaststudio steht allen Mitgliedern der PH Heidelberg zur freien Verfügung (auch Studierenden!). Die ersten Tests liefen vielversprechend und wir hoffen, das Studio bald in Betrieb nehmen zu können. Weitere Informationen folgen in Kürze auf der Homepage des Transferzentrums unter www.ph-heidelberg.de/transferzentrum. Das Podcaststudio befindet sich im Neubau der Hochschule (Im Neuenheimer Feld 560-562, 69120 Heidelberg) im Medienzentrum. Finanziert wurde das Podcaststudio vom Projekt TRANSFER TOGETHER.
3. Produktion und Bearbeitung
Wenn die Aufnahme abgeschlossen ist, sollte die Datei (meist .mp3 oder .wav) noch einmal nachbearbeitet werden. Oftmals könnt ihr die Datei mit derselben Software bearbeiten, mit der ihr auch aufgenommen habt (z.B. Audacity). Überlegt euch vorher gut, wie viel Zeit ihr in die Nachbearbeitung investieren wollt: Es ist einfach, die „Ähms“ und Stolperer aus der Aufnahme zu schneiden. Wenn ihr jedoch auch die Tonqualität selbst verbessern wollt, kann das sehr aufwendig werden. Eine gute Anleitung für Audacity findet ihr etwa bei delamar – und dort bekommt ihr auch etwa einen Eindruck, wie tief man sich darin einarbeiten kann. Kurz: Audiobearbeitung ist kompliziert und zeitraubend, wenn ihr bisher damit keinen Kontakt hattet.
Vielleicht reicht für euer Projekt ja die unbearbeitete Audiodatei?
4. Veröffentlichung
Eingangs hatte ich den RSS-Feed erwähnt (RSS steht für Really Simple Syndication). Eigentlich müsst ihr dazu nur wissen, dass jeder Podcast einen einmaligen RSS-Link besitzt. Wenn ihr etwa über Spotify einen Podcast abonniert, pingt Spotify diesen RSS-Link an, um zu sehen, ob eine neue Folge online ist. So funktioniert euer Podcast-Abo. Aber wie kommt ihr nun an einen RSS-Link?
Es gibt verschiedene Podcast-Portale, bzw. Hosting-Anbieter, die – kostenpflichtig oder umsonst – anbieten, euren Podcast zu verbreiten. Die größte und wohl beliebteste Lösung gehört Spotify selbst, Anchor.fm. Aber es gibt noch viele weitere Anbieter, die z.B. auf Podcast Insights aufgelistet wurden. Ihr müsst euch einen Anbieter aussuchen, euch dort registrieren, euren Podcast dort anlegen und könnt dann eure Folgen hochladen.
Beispiel Bildungsplausch
Das Transferzentrum der PH Heidelberg produziert gemeinsam mit dem Forschungsreferat und der Abteilung Presse & Kommunikation seit 2020 den Forschungspodcast Bildungsplausch. Die Folgen des Bildungsplausch findet ihr bei allen gängigen Podcast-Anbietern und unter www.ph-heidelberg.de/bildungsplausch. Die Episoden haben wir mit folgender Hard- und Software produziert:
- Mikrofone: Rode NT-USB mini (ca. 100 Euro), Rode NT1-A (ca. 150 Euro), sowie Kopfhörermikrofone
- USB-Audiointerface: Focusrite Scarlett 2i2 Studio 3rd Gen (ca. 300 Euro)
- Audioschnitt: Audacity (kostenlos)
- Remote-Aufnahme: Zencastr (kostenlos)
- Hosting: podcaster.de (120 Euro/Jahr)
Wir gehen bei der Produktion pragmatisch vor und versuchen, mit möglichst wenig Aufwand und Kosten ein gutes Endergebnis zu erzeugen. Auf dem Portal Wissenschaftskommunikation.de haben wir ausführlicher über die Konzeption und die Produktion gesprochen. Ahmt uns gerne nach – oder fragt nach, wenn ihr noch Fragen dazu habt.
Noch Fragen?
Ich hoffe, euch hilft diese Übersicht bei der Realisierung eures eigenen Podcast-Projekts. Schreibt mir eure Fragen gerne in die Kommentare, schickt mir eine Mail (wetterauer@ph-heidelberg) oder schreibt mir via Twitter. Ich freue mich, von euch zu lesen und zu hören.

Max Wetterauer
Open Science und Social Media sind die großen Baustellen, an denen Max im Bereich Offene Hochschule tüftelt. Wenn ihm die 280 Zeichen auf Twitter mal nicht ausreichen, stillt er seinen Schreibdurst mit Artikeln hier auf dem Blog. Zu Max’ Projektseite.