RAUM ZUM LERNEN

 

Schulgebäude, unsplash.com, Azzedine Rouichi
Wie können wir Schulen so gestalten, dass Schüler:innen zu mehr Interaktion und Partizipation angeregt werden? Beim Thementag der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement hat Werkstudentin Judith eine mögliche Antwort gefunden: die pädagogische Architektur.

Pädagogische Architektur – dieser Ausdruck ist mir nicht im Lehramtsstudium begegnet, sondern als Werkstudentin bei der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Dort habe ich online die Thementagung „Von der Fach- zur Bildungsplanung“ der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement Rheinland-Pfalz – Saarland besucht. In einem Impulsvortrag zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Schulentwicklung wurde das Konzept der Pädagogischen Architektur vorgestellt.

Interaktiv und bedürfnisorientiert

Am Beispiel eines Gymnasiums in Rheinland-Pfalz wurde gezeigt, wie Schulgebäude nach diesem Konzept gestaltet werden und wie der Weg dorthin aussieht. Die Pädagogische Architektur hat mich sicherlich auch so gepackt, weil ich aus zwei unterschiedlichen Perspektiven darauf schaue: Einerseits rückblickend und im Vergleich zu meiner eigenen Schulzeit und andererseits prospektiv als angehende Lehrkraft. Aus letzterer Perspektive frage ich mich dann an welcher Schule, in welchem Schulgebäude ich später vielleicht einmal unterrichten werde. Wie kann ich die Lernumgebung für meine künftigen Schüler:innen möglichst bedürfnisorientiert und partizipativ gestalten? Welche Möglichkeiten zur Umsetzung der Pädagogischen Architektur habe ich als Lehrkraft? Diese Fragen und ihre Antworten werden mich sicher bis zum Start ins Berufsleben und spätestens mit der ersten eigenen Klasse noch lange beschäftigen.

Mit Blick auf meine eigene Schulzeit haben mich der Vortrag und vor allem auch die Fotos von den Räumlichkeiten wahrscheinlich so beeindruckt, weil die Schulgebäude, in denen ich bis vor knapp zehn Jahren noch gelernt habe, ganz anders aussahen. Bis zu dem Impulsvortrag war mir nicht klar, dass Schulgebäude auch anders aussehen können. Ich kenne, und so wird es wohl vielen gehen, noch lange Gänge, an denen sich die Klassenzimmer aufreihen. Die Pädagogische Architektur verabschiedet sich natürlich nicht gänzlich von diesen Strukturen, aber sie öffnet die Räume und schafft neue Bereiche, die interaktives und bedürfnisorientiertes Lernen zulassen und fördern.

Partizipation und Mitgestaltung in der Schule

Während meiner Schulzeit hatten wir bis zur Oberstufe kaum klassenübergreifenden Unterricht und auch danach blieben wir im Unterricht im Kursverband. Es gab weder das Angebot noch die Räumlichkeiten, selbst zu entscheiden, ob man in der Gruppe oder alleine lernen wollte. Die Pädagogische Architektur schafft diesen Freiraum für die Eigenverantwortlichkeit und Selbstwirksamkeit der Schüler:innen. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der Lernumgebung, sondern bietet auch Bereiche und Sitzmöglichkeiten, um sich auszuruhen oder Pausen und Freistunden mit Freizeitaktivitäten zu gestalten. In dem Beispiel aus Rheinland-Pfalz wurde für die Gestaltung der Schule eine Mischung aus offenen Raumkonzepten und den notwendigen Klassenzimmern verfolgt. Im Planungs- und Gestaltungsprozess wurde auch das Prinzip der Partizipation berücksichtigt. Wer als die Schüler:innen selbst könnte besser wissen, in welcher Umgebung sie am effektivsten lernen. Dementsprechend entwarfen die Schüler:innen im Vorfeld Pläne zur Raumgestaltung auf Papier oder mit Knete. Die Schüler:innen brachten in ihren Entwürfen nicht nur ihre Wünsche nach einem Ruhe-, einem Entspannungs- und einem Rederaum zum Ausdruck, sondern ließen auch praktische Überlegungen wie Platz für Stauraum einfließen. Die kreativen und funktionalen Ideen gingen über Spielhäuser mit Kreidetafeln an der Wand über Kuschelboden im Entspannungsraum bis hin zur Tischform in den Arbeits- bzw. Lernbereichen. Viele Ideen und Wünsche der Schüler:innen wurden letztendlich auch umgesetzt. Dadurch wurde den Schüler:innen gezeigt, dass ihre Bedürfnisse wichtig sind, dass sie gehört werden und dass ihnen auf Augenhöhe begegnet wird.

Die pädagogische Architektur stärkt auch die Sozialkompetenz der Schüler:innen. In der gesamten Schulzeit wird der Schulzusammenhalt anstelle des reinen Klassenzusammenhalts gefördert. Unabhängig von Klasse und Alter können die Schüler:innen voneinander lernen und von den Fähigkeiten ihrer Mitschüler:innen profitieren. Vielleicht lernen sie dadurch sogar schon früh Verantwortung für ihre Mitmenschen zu übernehmen und andere zu unterstützen. Wenn ich an meine eigene Klasse zurückdenke, waren die Kontakte über die eigene Klasse hinaus eher spärlich und zu anderen Stufen fast gar nicht vorhanden.

Eine Erfahrung für die Arbeitswelt

Auch langfristig sehe ich in der pädagogischen Architektur viele Vorteile. Die Schüler:innen werden durch die Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit, sowie den offenen Kontakt zu den Mitschüler:innen früh auf ihren Alltag im Studium, in der Ausbildung und im Berufsleben vorbereitet. Gerade durch meine Tätigkeit bei der MRN, im Rahmen dessen ich zum ersten Mal in einem größeren Team arbeite und viel in Kontakt mit externen Partnern und Kooperationspartnern stehe, merke ich wie wichtig diese Fähigkeiten sind.

Natürlich kann man nicht mal eben eine ganze Schule nach den Richtlinien der Pädagogischen Architektur umbauen. Die Raumaufteilung und -gestaltung kann jedoch auch schon viel bewirken, ist schneller umzusetzen und braucht weniger Ressourcen. Auch hier sollten die Schüler:innen intensiv in den Planungsprozess mit einbezogen werden. Mich hat das Konzept der Pädagogischen Architektur überzeugt und wird mich sicherlich weiterhin beschäftigen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie wird die Schule der Zukunft aussehen, auch hier bei uns in der Region.

Wer sich weiter informieren möchte, kann sich über die Homepage der Montag Stiftungen (https://www.montag-stiftungen.de/) schlau machen. Auch gibt es einige Fachliteratur zur Thematik, wobei nicht immer der Begriff der Pädagogischen Architektur verwendet wird. Auf der Homepage der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement Rheinland-Pfalz – Saarland kann die PowerPoint Präsentation zum Praxisimpuls aufgerufen werden (https://www.transferagentur-rheinland-pfalz-saarland.de/veranstaltungen/vergangene-veranstaltungen/digitale-thementagung-von-der-fach-zur-bildungsplanung).

Judith Pendzialek

Judith unterstützt als studentische Hilfskraft Melanie und Nina bei TRANSFER TOGETHER.

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