RÜCKKEHR AUS DER ELTERNZEIT

“Endlich wieder im Büro”, dachte sich Melanie nach dem zweiten Familienzuwachs. Vor kurzem war die Vorfreude auf das TT-Team und die Kolleg*innen aus dem Bereich Bildung und Arbeitsmarkt der Metropolregion Rhein-Neckar noch groß. Jetzt sitzt sie wieder Zuhause im Home Office. Über eine etwas andere Rückkehr aus der Elternzeit, Frust und Dankbarkeit.
Nach Geburt von Kind Nummer 1 war ich nach 8 Wochen wieder am Schreibtisch im Büro gesessen. Diesmal wollte ich mir mit einem halben Jahr Elternzeit etwas mehr Zeit gönnen. Doch freute ich mich seit Beginn des neuen Jahres allmählich wieder auf die Arbeit. So interessant und hilfreich der Austausch mit anderen Eltern sein kann, so drehte es sich doch oft um die immer gleichen Themen: Babyernährung, Erziehungstipps, PEKIP und Krabbelgruppe.
Der fachliche Austausch mit meinen Kolleg*innen fehlte mir. Ebenso das Entwickeln von Konzepten und Strategien (Einkaufs- und Wickelstrategien zählen nicht), die Workshops, die Netzwerksveranstaltungen, die Konferenzen. Der Transfer von der Wissenschaftswelt in andere Kontexte. Ich wollte raus aus meiner Elterngruppen-Filterblase.
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Mein Mann war auch happy, seine Elternzeit anzutreten, wenn ich wieder ins Büro ginge. Ich habe mich so gefreut: auf spannende Bildungsthemen, auf neue Kolleg*innen, auf weitere Kontakte, Begegnungen mit Stakeholdern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Auf Bildungsthemen von A wie Antiziganismus, B wie Bildung für nachhaltige Entwicklung bis hin zu Z wie Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung. Für jeden Buchstaben hatte ich mir in der Auszeit, etwas überlegt.
Ich hatte noch nicht einmal Zeit, meinen neuen Tandempartner Carsten Huber richtig kennenzulernen. Eigentlich hatten wir Termine angesetzt, um gegenseitig herauszufinden wie wir ticken und arbeiten. Jetzt sehen wir uns von Bildschirm zu Bildschirm. Der Blick auf meinen Kalender für 2020 war gespickt mit spannenden Events und Aufgaben: der Austausch mit den Kolleg*innen Nachbarteams vom Kulturbüro und Energie & Umwelt, spannende Transfer-Treffs im Transferzentrum, interne Barcamps, Netzwerktreffen des Bildungsteams der MRN und Strategieworkshops. Der Plausch am Kopierer oder leckere Kochmeetings im Sozialraum standen zwar nicht im Kalender, aber ich hatte sie mir schon heimlich vorgeplant.
Zwei Wochen liefen ganz nach Plan: Ich arbeitete am Vormittag, holte dann die Große von der KITA und ein entspannter Ehegatte öffnete mir die Tür mit dem glücklichen Baby auf dem Arm.
Dann kam Corona.
Zack, New Work!
Expertise bauen wir gerade alle in anderen Bereichen auf, die wir gar nicht auf der Agenda hatten z.B. taktischer Lebensmitteleinkauf, Erwerb neuer Digitalkompetenzen. Anstatt “New Work”-Konzepte zu diskutieren, leben wir sie nun von Zuhause. Ob das nun der notwendige Digitalisierungsschub in unserem Land in Hochschulen, Schulen und Unternehmen nach sich zieht? “Coronaferien” (was für ein zynischer Begriff) im Kindergarten, alle Mitarbeiter*innen nun im Homeoffice und meine sozialen Kontakte sind nun noch eingeschränkter als zuvor.
Gleichzeitig denke ich an alle, die gerade in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Verwaltungen, Polizeistationen oder Lebensmittelmärkten alles am Laufen halten. Ihr seid meine Helden in dieser Zeit! Wir sind als Familie dankbar, dass es uns gut geht, machen uns aber auch Sorgen um die Uroma, Omas und Opas und ältere Nachbarn.
Es lindert zwar nicht meinen Frust, ins Home Office zurückzukehren, aber ich denke mir dann: Es ist ein Luxus, dass ich von Zuhause aus arbeiten darf.
Jetzt lerne ich neue Kolleg*innen eben via Chat und Videocall oder am Telefon kennen. Ich sitze (oder stehe!) nun nicht mehr auf der Babyspieldecke, sondern am Schreibtisch unterm Dachboden. Unten lärmen die Kids, während ich mein volles E-Mail-Postfach entrümple und mich wieder ins Projekt einlese, schreibe Konzeptpapiere, führe Netzwerkgespräche via Videocalls und besuche virtuelle Meetings oder Webinare. Ich passe mich der Situation an und versuche, es positiv zu sehen: Immerhin habe ich jetzt Zeit, solche Gedanken auch in einem Blogartikel aufzuschreiben.
Ich bin wieder da!

Melanie Seidenglanz
Melanie arbeitet als Transfermanagerin bei der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Gemeinsam mit Carsten, Julika und Timo treibt sie die Vernetzung der PH mit der Region gezielt voran. Als Sprachwissenschaftlerin fühlt sich Melanie von kommunikationstheoretischen Fragestellungen magisch angezogen. Zu Melanies Projektseite.