WIE SÜSS SIEHT DIE ZUKUNFT AUS?

 

Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf Betriebe in der Metropolregion Rhein-Neckar. Christina von der Climate Change Education hat mit Auszubildenden der Südzucker AG einen viertägigen Workshop veranstaltet, um über betriebliche Chancen und Risiken zu sprechen. Im Blog erklärt sie, wie der Workshop ablief und was die Azubis erarbeitet haben.

Klimawandel ist kein Zuckerschlecken, auch nicht für große Betriebe. Sie müssen überlegen, welche Risiken und Chancen durch den Klimawandel entstehen – und sie müssen sich anpassen. Christina Trautmann vom Projekt Climate Change Education, das durch die Abteilung Geographie – Research Group for Earth Observation (rgeo) unter Projektleiter Prof. Dr. Alexander Siegmund umgesetzt wird, hat im Juli 2021 einen Klimabildungsworkshop mit Auszubildenden der Südzucker AG organisiert. An vier Tagen kamen von den drei Unternehmensstandorten in der Metropolregion Rhein-Neckar (Mannheim, Offenau und Offstein) eine kleine Gruppe von zehn Auszubildenden zusammen, um gemeinsam über die betrieblichen Risiken und Chancen durch den Klimawandel zu diskutieren.

Impressionen des TRANSFER TOGETHER Klima-Workshops mit Azubis der Südzucker AG (Fotos: Süzucker/ rgeo)
Perspektivwechsel durch Rollenspiel

Am ersten Tag trafen sich die Teilnehmenden in Kirschgartshausen auf dem Versuchsgut der Südzucker AG und wurden durch dessen Leiter, Dr. Peter Risser, durch den Versuchsgarten geführt. Anschließend hat er in einem kurzen Vortrag über die Forschungsschwerpunkte vor Ort informiert, z.B. den Biodiversitätsschutz in der Landwirtschaft. Danach wurde direkt auf das zentrale Thema des Workshops übergeleitet: den Klimawandel. Nach einem Einführungsvortrag zu den Ursachen des gegenwärtigen Klimawandels haben die Auszubildenden in Partner- und Gruppenarbeit die Rolle der Landwirtschaft im Kontext des Klimawandels erarbeitet. Zum Ende des ersten Tages schlüpften die Auszubildenden in einem Rollenspiel in die Position verschiedener Interessengruppen – Landwirte, Kommunen, Umweltämter – um die Zukunft der Bioenergie in Deutschland zu diskutieren. Die Auszubildenden mussten sich in diese Gruppen hineinversetzen und deren Vorstellungen und Wünsche in Bezug zur Bioenergie äußern. Ein spannendes Ergebnis war, dass hinter dem Anbau von Mais, Raps, Zuckerrübe und Co. als erneuerbare Energiequellen zur Gewinnung von Strom und Wärme viele konträre Interessen stehen. Kompromisse sind da schwer zu finden.

Vier Modelle im Labor

Der zweite Tag fand im „Geco-Lab – Kompetenzzentrum für geoökologische Raumerkundung“ der Abteilung Geographie in Heidelberg statt. Am Vormittag erarbeiteten die Azubis die Bedeutung verschiedener Folgen des Klimawandels für die Südzucker AG im Labor an vier unterschiedlichen Modellen. Am Hochwassermodell haben sie untersucht, wie menschliche Eingriffe die Entstehung von Hochwasser beeinflussen können (z.B. durch die Bodenversiegelung in Einzugsgebieten und natürlichen Überflutungsflächen). Das haben die Auszubildenden dann auf die landwirtschaftlichen Flächen von Südzucker in der Nähe des Rheins übertragen.

Welche Rolle die Pedosphäre im Klimawandel hat, haben die Auszubildenden am Bodenmodel untersucht. Sie bestimmten, wie gut unterschiedliche Bodenarten Niederschläge aufnehmen und halten (Infiltrationsleistung und Wasserhaltekapazität) und bewerten das Risiko der Böden gegenüber Wassererosion durch Starkniederschläge.

Viele verbinden mit dem Klimawandel heiße Sommer: Mit dem Hitzeschutzmodell konnten die Azubis verschiedene Hitzeschutzmaßnahmen ausprobieren und deren Wirkung auf die Außen- und Innentemperaturen eines Modellhauses messen. Insbesondere der Einbau von „grünen“ Elementen reduzierte die Temperaturen enorm, z.B. mit Efeu an der Fassade.

Im vierten Modell haben die Azubis am Vortag auf dem Versuchsgut gesammelte Zuckerrüben untersucht und deren CO2-Vermeidungspotential als Energiepflanze berechnet.

Am Nachmittag wurden die neuen Erkenntnisse aus dem Labor mit den regionalen Folgen des Klimawandels in Verbindung gesetzt. Mit dem online-Tool „Klimafolgenonline-Bildung.de“ vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Wetter online haben die Auszubildenden für ihren jeweiligen Unternehmensstandort die möglichen Veränderungen verschiedener Klimaparameter untersucht. Es wurde klar: Das globale und regionale Klima wird sich ohne Klimaschutz stark verändern – und selbst bei einem erfolgreichen und ambitionierten Klimaschutz werden Veränderungen auftreten, auch in der Metropolregion Rhein-Neckar. Dementsprechend muss auch Südzucker die Klimaanpassung berücksichtigen.

Wir müssen mit Klimaveränderungen rechnen

An den letzten beiden Tagen standen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Südzucker AG im Mittelpunkt. Mit dem digitalen Simulationstool „En-ROADS“ erkannten die Azubis schnell, dass die Weltgemeinschaft für die Bewältigung der Klimakrise jetzt und sofort ambitioniert zusammenarbeiten muss. Selbst wenn die Treibhausgasemissionen stark zurückgehen würden, muss mit weiteren Veränderungen des globalen und regionalen Klimas gerechnet werden.

Nach einem Vortrag durch Dr. Volker Proffen zur Nachhaltigkeit bei Südzucker haben die Auszubildenden mit Hilfe der Szenariomethode in Gruppen verschiedene Klimawandelfolgen identifiziert, mit denen die Südzucker AG in den nächsten Jahren und Jahrzehnten konfrontiert werden könnte. Dabei wurden neben den natürlich-physikalischen Folgen auch regulative und marktwirtschaftliche Folgen berücksichtigt. Als Vorbereitung für den letzten Tag haben sie die Ergebnisse am Ende des Tages auf einem Poster gesammelt.

Mit Design Thinking ans Ziel

Am letzten Tag haben die Azubis in Partnerarbeit eine Klimaanpassungsmaßnahme für die Südzucker AG erarbeitet. Mit der Methode des Design Thinking wurden sie entlang eines eigens entwickelten Workbooks über drei Stunden durch einen strukturierten Prozess geleitet und haben am Ende für ihren Arbeitsbereich relevante Anpassungsmaßahmen definiert. Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich und doch gleich beeindruckend: Ein Team legte den Schwerpunkt auf die Verwundbarkeit der Lieferketten. Das Team wollte durch vorausschauende Beschaffung von Rohstoffen und ausreichende Lagerkapazitäten das Risiko im Fall von Engpässen in der Zulieferung durch Klimawandelfolgen reduzieren. Ein anderes Team beschäftigte sich mit dem großen Themenfeld „New Work“. Digitales (Fern-)Arbeiten wird für viele Arbeitsplätze in der Zukunft zunehmend relevant sein und großes Potential zur Reduktion der indirekten Treibhausgasemissionen von Unternehmen bieten. In Anbetracht der gesellschaftlichen und politischen Erwartungen an die Südzucker AG und deren Klimaziele spielen Emissionsreduktionsmaßnahmen eine wichtige Rolle für die Bewältigung regulativer und marktwirtschaftlicher Klimawandelrisiken – Klimaschutz als Klimaanpassung also.

Der Workshop wurde von allen beteiligten Seiten als sehr relevant wahrgenommen und positiv bewertet. Eine Wiederholung mit weiteren Auszubildenden der Südzucker AG ist bereits in Planung.

Christina Trautmann
Christina Trautmann

Christina stellt zusammen mit Firmen unterschiedlicher Sektoren Workshops für Azubis auf die Beine, die das Thema Klimawandel verständlich beleuchten und die Notwendigkeit zur Anpassung greifbar machen. Zu Christinas Projektseite.

Verwandte Beiträge

Hinterlasse einen Kommentar