THIRD MISSION POSSIBLE?

Am 24./25. Mai 2022 fand in Essen die große Konferenz der Innovativen Hochschulen statt. Dabei ging es auch um die Zukunft der Third Mission, um neue Berufsfelder und um Verstetigungsperspektiven für die auslaufenden Projekte.
Vorweg: Als ich mit meinen Kolleginnen Imola Czolbe (PH Heidelberg), Melanie Seidenglanz und Nina Lehmann (beide MRN) nach Essen gefahren bin, wussten wir bereits, dass unsere Bewerbung für die zweite Förderrunde der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ leider nicht angenommen wurde. Uns ging es damit ähnlich wie den meisten anderen Projektteams auf der Konferenz. Das hatte auch zur Folge, dass sich eine bestimmte Frage im Programm, aber auch in den Pausengesprächen, in den Vordergrund drängte: Wie geht es mit der Third Mission nach den Projekten weiter? Passend daher auch der Titel der Konferenz: „Third Mission Possible.“
Mit Blick auf diese Frage habe ich vor allem drei Erkenntnisse aus Essen mitnehmen können:
1. Es entsteht etwas Neues
Nicht nur im Hinblick auf das Wetter wehte auf der Konferenz stets ein frischer Wind: Man bekam ständig das Gefühl, als wäre man mitten in einer sich noch entwickelnden Community. Besonders greifbar wurde das für mich im World Café am ersten Konferenztag. Hier sollten die Teilnehmenden skizzieren, was sie unter „Beruf(ung) Transfer“ verstehen. Wir diskutierten darüber, welche Fähigkeiten ein:e Transfermanager:in mitbringen sollte, welche Aufgaben dazu gehörten, welches Selbstverständnis dahinter stehen sollte.
Hier einige der offen diskutierten Fragen und Ideen:
- Wo stehen Transfermanager:innen innerhalb der Hochschulen? Sind sie angesiedelt am Rektorat? Sind sie Teil des wissenschaftlichen Apparats, sprechen mit Forschenden und sitzen in der Forschungsabteilung? Oder arbeiten sie als Schnittstelle mit einem Fuß außerhalb der Hochschule, etwa mit einer Art Transfer-Ausgründung? In welcher Gehaltsstufe bewegen sich Transfermanager:innen?
- Was leisten Transfermanager:innen – und was nicht? Ist ihre Arbeit eine Service-Leistung oder unverzichtbar für den laufenden Wissenschaftsbetrieb? Gehören Gründungsberatung, Netzwerkarbeit und Wissenschaftskommunikation zum Aufgabengebiet? Oder „konkurrieren“ sie in diesen Arbeitsfeldern zu sehr mit hochschuleigenen Institutionen? Werben Transfermanager:innen Drittmittel selbstständig ein oder vermitteln und beraten sie lediglich andere, das zu tun?
- Was bringen Transfermanager:innen mit? Gehört zur Jobbeschreibung auch Rechtsberatung (Stichwort Verwertung und Intellectual Property) oder vernetzen sie lediglich die passenden Partner:innen miteinander? Wie viel müssen sie von Agilität, New Work und Change Management verstehen? Sind sie das laufende Lexikon für komplizierte Hochschulstrukturen oder sollen sie diese Strukturen aufbrechen?
Diese Fragen wurden wirklich ergebnisoffen diskutiert. Die 48 Projekte der Innovativen Hochschule haben während ihrer Projektlaufzeiten unterschiedliche Antworten auf diese Fragen gefunden. Sie haben ausprobiert, etabliert, evaluiert und ihre Ideen teilweise sogar in Forschung und Lehre integriert. In Essen trafen diese vielfältigen Ansätze aufeinander und haben (wahrscheinlich nicht nur bei mir) eine Menge Denkprozesse angestoßen.
Die zweite Förderrunde wird zwar auch aus den Erfahrungen der ersten 48 Projekte zehren, ich bin aber sicher, dass wir hier auch wieder neue Ideen finden werden. Es bleibt auch abzuwarten, welche Impulse die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) zukünftig liefern wird. Ein spannender Beitrag dazu erschien am 12. Mai auf dem Blog von Jan-Martin Wiarda.
Ich habe mitgenommen: Wer sich in die Diskussion um die Zukunft der Third Mission einmischt, kann etwas Neues mitgestalten. Die sich herausbildende Community von Transfermanager:innen ist offen und diskussionsfreudig – eine wichtige Grundlage, wie ich finde.
2. (Wissenschafts-)Kommunikation als Fundament
Viele Diskussionen in Essen drehten sich um Nachhaltigkeit und die Frage, wie neue Kontakte geknüpft werden können. Die einhellige Antwort: Es brauche Dialog, keine einseitige Kommunikation, nicht top-down, sondern ein Miteinander zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft. Im Projekt TRANSFER TOGETHER hatten wir dieses Miteinander mit dem abstrakten Begriff der Bidirektionalität bezeichnet. Wenn wir davon ausgehen, dass dieser stetige, bidirektionale Austausch Voraussetzung für nachhaltigen Transfer darstellt, dann sage ich: Wissenschaftskommunikation gehört zur Third Mission.
Dialog und Austausch kommt nicht (nur) im Laufe einer Kooperation zustande. Vielmehr braucht es Räume und Gelegenheiten, in denen man sich kennenlernt; Räume, die neugierig machen. Die innovativen Formate der Wissenschaftskommunikation bieten hierfür eine wunderbare Basis. Sei es ein liebevoll gepflegte YouTube-Kanal direkt aus dem Labor, ein unterhaltsamer Abend beim Pint of Science oder ein lebhaftes Barcamp – die Möglichkeiten sind schier unendlich. Gute Wissenschaftskommunikation mit attraktiven Formaten sorgen dafür, dass Wissenschaft vor Ort sichtbar wird, aber auch dass sie einen festen Platz im gesellschaftlichen Diskurs behält.
Wissenschaftskommunikation ist für viele Menschen eine Brücke in die sonst so abstrakte und komplexe Welt der Hochschulen. Sie legt damit das Fundament für stetigen Austausch, für ein Miteinander und damit für Third Mission.
Mich hat es nicht überrascht, in Essen auch Kolleg:innen aus der #WissKomm-Community zu treffen. Die Bereiche überschneiden sich gezwungenermaßen. Und so war es auch sehr passend, dass die Konferenz mit einer Keynote des YouTubers Jacob Beautemps aka BreakingLab begann, der über die „Kunst, Wissenschaft zu kommunizieren“ sprach. Sein Titel brauchte keinen Hinweis auf die Third Mission. Allen war klar: Das gehört hier her.
3. Muss man gesehen haben
„Third Mission Possible“ in Essen war die erste Konferenz, an der ich in Präsenz teilnehmen konnte. Viele habe ich dort zum ersten Mal analog getroffen – und das, ganz nebenbei, vor der eindrucksvollen Kulisse des UNESCO-Welterbes Zollverein. Durch den direkten Austausch mit den Kolleg:innen der anderen Projekte habe ich erst gemerkt, wie wertvoll der direkte Austausch ist. Digital lässt sich eine Menge machen, aber eben nicht alles.
Wenn man einmal in das Innovation(s)mobil aus Jade-Oldenburg steigt, die agilen Holz-Systeme des m4_Lab aus Stuttgart in Aktion erlebt oder sich vor Ort die Service-Learning-Angebote von Mensch in Bewegung (Ingolstadt) erläutern lässt, merkt man erst, wie viel hier in den letzten vier Jahren entstanden ist. Diese Projekte wirken nicht nur online, sondern regional vor Ort. Dieses Feeling lässt sich vor allem dann transportieren, wenn man sich mit den Teams und ihrer Arbeit ganz praktisch auseinandersetzt.
Ihr seht: Es ist viel passiert und eine Menge wird sich noch bewegen. Imola, Melanie, Nina und ich haben einiges für unsere Abschlussveranstaltung am 15. Juli mitgenommen – und wir wünschen jetzt schon den Nachfolgeprojekten der Innovativen Hochschule viel Erfolg für ihre Initiativen!

Max Wetterauer
Open Science und Social Media sind die großen Baustellen, an denen Max im Bereich Offene Hochschule im Transferzentrum tüftelt.