WIR SOLLTEN UNS TREFFEN

Zeitraubende Meetings gehören ebenso zum Projektalltag wie Laptop, Schreibtisch und Kaffeepause. Doch wir denken zu wenig über das Warum nach, sagt Projektkoordinatorin Julika. Für TRANSFER TOGETHER hat sie kürzlich interne Barcamps als Alternative zum Langzeitmeeting eingeführt. Warum wollte sie etwas ändern? Und wie funktioniert das in der Praxis?
Das kennen wir doch alle: lange Meetings, die viel Arbeitszeit in Anspruch nehmen und keinen wirklichen Mehrwert bringen. Am Ende redet eine*r viel, der Rest hört zu und um wirklich in die Tiefe zu gehen, reicht die Zeit nicht. Und obwohl jeder das regelmäßige Zusammenkommen im Team als wichtig und notwendig empfindet, verkommen diese Meetings zur lästigen Pflicht.
An diesen Punkt gelangten wir auch mit TRANSFER TOGETHER. Das Team war immer öfter unvollständig bei unseren zweiwöchentlichen Meetings und alle haben nur darauf gewartet, dass die zwei Stunden rum sind, um mit der eigentlichen Arbeit weiterzumachen – dann wieder jede*r für sich.
Ich leitete die Meetings und wollte sie immer nur schnell hinter mich bringen. Ich war diejenige, die reden und Informationen vermitteln sollte, obwohl ich wusste, dass sich die Relevanz für jeden einzelnen in Grenzen hielt. Ich war unzufrieden, weil mir bewusst war, dass uns diese Meetings als Team kein Stück weiterbrachten. Außerdem passten sie absolut nicht zu uns und unserer Vorstellung von Kommunikation und Zusammenarbeit. Nicht umsonst ist TRANSFER TOGETHER ein Innovation Hub für die Pädagogische Hochschule Heidelberg. Wir sollen und wollen die Dinge anders machen.
Und wo besser nach Inspiration suchen als im Umfeld von New Work? Denn dort werden die Menschen und vor allem die Verbesserung und die Sinnhaftigkeit von (Zusammen)Arbeit in den Mittelpunkt gestellt. Meeten um des Meetings willen sucht man in solchen Kontexten vergebens.
Am Beginn unseres Wegs zum „sinnvollen Meeting“ stand dementsprechend zunächst einmal die Frage nach dem WARUM. Warum wollen wir uns eigentlich regelmäßig im Gesamtteam treffen? Warum ist das wichtig und notwendig?
Wir wollen gemeinsam „ins Arbeiten“ kommen
Vereinfacht gesagt, ist TRANSFER TOGETHER zweigeteilt: in eine inhaltlich-fachliche Ebene und in eine Metaebene – die Transfer-Ebene. Auf der fachlichen Ebene sind wir alle bereits Expert*innen, sei es in Musikpädagogik, MINT-Bildung, Mediensuchtprävention oder Klimafolgenanpassung etc. Auf der Transfer-Ebene müssen wir im Verlauf des Projekts jedoch erst zu Expert*innen werden. Es gilt, gemeinsam zu erarbeiten, was Transfer überhaupt ist, warum Transfer wichtig ist, wie Transfer gelingt (und wie vielleicht auch nicht) und wie wir dieses gewonnene Wissen allen Mitgliedern der Hochschule bei Bedarf zugänglich machen können. Hierfür braucht es Raum und gemeinsame Zeit, die wir im Projektalltag, in dem jeder an seinen fachlichen Themen arbeitet, nicht haben.
Eindrücke von verschiedenen Barcamp-Sessions am 22. August 2019.
Wir wollen voneinander lernen
Neben dem gemeinsamen Lernen wie Transfer gelingen kann, wollen wir auch voneinander lernen. Wir haben das große Glück, ein sehr heterogenes und interdisziplinäres Team zu sein, welches darüber hinaus sehr dynamisch und wissbegierig ist. Das heißt, wir alle haben Lust uns weiterzuentwickeln und vom Wissen der anderen zu profitieren. Angefangen bei fachlichen Inputs aus dem jeweiligen Forschungs- und Arbeitsbereich, über neue Tools und Methoden bis hin zu persönlichen Leidenschaften und Interessen. Dem sind keine Grenzen gesetzt, so lange ein Rahmen für einen solchen Wissensaustausch geschaffen wird.
Wir wollen mehr Transparenz schaffen
Durch die komplexe Beschaffenheit des Projekts passiert es schnell, dass man den Überblick verliert. Einen tiefen Einblick in jedes einzelne Teilprojekt zu bekommen, ist schier unmöglich. Dennoch ist es unwahrscheinlich wichtig, auf dem Laufenden zu bleiben. Denn auch wenn jeder ganz eigene inhaltliche Ziele verfolgt, verfolgen wir alle auch gemeinsame Ziele, die auch nur gemeinsam erreicht werden können. Genauso brauchen wir das Rad nicht ständig neu zu erfinden. Wenn ich weiß, was meine Kolleg*innen schon gemacht oder erprobt haben, kann ich auf dieses Wissen zurückgreifen oder darauf aufbauen. Im Grunde experimentieren wir alle mit „Transfer“ und daran müssen wir uns unbedingt gegenseitig teilhaben lassen, um uns weiterzuentwickeln. Da wir alle über die ganze Hochschule verstreut unsere Büros haben und wir nicht mal eben eine Tür weitergehen können, um uns auf den neusten Stand zu bringen, ist es umso wichtiger zu fixen Terminen zusammenzukommen und gemeinsam an Transparenz zu arbeiten.
Wir brauchen Raum zum Experimentieren
Wir experimentieren mit „Transfer“ – mit Innovation und innovativen Arbeitsweisen, mit Formaten, Herangehensweisen, Methoden, Zielgruppen etc. Dafür bedarf es manchmal einen geschützten Raum. Sich auszuprobieren, sich Feedback von den Kolleg*innen einzuholen und Ideen zu testen, bevor man sie mit zu einem Kooperationspartner nimmt, ist essenziell, wenn wir zu Transferexpert*innen werden wollen. Auch hierfür muss der Platz im regelmäßigen Teammeeting sein.
Wir wollen Verantwortung übernehmen
Wie schon gesagt: Wir arbeiten an gemeinsamen Zielen, die auch nur gemeinsam erreicht werden können. Das fühlt sich nicht immer so an. Besonders weil unsere Transfer-Ziele manchmal nicht ganz einfach zu greifen oder auf die eigene fachliche Arbeit zu übertragen sind. Und doch ist jede*r einzelne für den Projekterfolg mitverantwortlich. Damit uns das bewusster wird und um diese Verantwortung überhaupt individuell übernehmen zu können, müssen wir unsere Zusammenarbeit stärken. Denn nur wenn auch sichtbar wird, dass es einen großen Mehrwert bringt, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, haben wir auch Lust darauf.
Wir wollen unsere Arbeitsprozesse gestalten
Um Lust zu haben, an einem Strang zu ziehen, um Transparenz zu schaffen und um tatsächlich gemeinsam „ins Arbeiten“ zu kommen – auch über die wenigen Stunden Teammeeting hinaus – müssen wir uns auch mit uns selbst und unserer Zusammenarbeit auseinandersetzen. Nicht nur Transfer will gelernt werden, auch die Gestaltung von produktiven und sinnvollen Arbeitsprozessen. Denn so schön die Freiheit auch ist, die uns das Projekt TRANSFER TOGETHER innerhalb der Hochschule ermöglicht, so anspruchsvoll ist sie auch.
Aus dieser langen und sicherlich nicht abschließenden Liste der WARUMs lassen sich Kriterien ableiten, die ein sinnvolles Meeting für uns erfüllen müssen und die uns wiederum bei der Suche nach dem WIE helfen:
- Setting, das zum intensiven Arbeiten und zu Eigenverantwortung einlädt
- Raum zur Arbeit an Metazielen
- Raum zur Arbeit an unserer Zusammenarbeit
- Raum für gegenseitige Wissensweitergabe
- Geschützter Raum zum Ausprobieren und Testen
- Und ganz ohne geht es nicht: Raum für Infos und Formalia
Nun haben wir das Glück, dass uns die New Work Expert*innen quäntchen & glück im Projekt als Sparrings-Partner mit Tools und Hacks zur Seite stehen. Und die Quäntchen schwören auf ihren „Schontag“: Jeden Montag gibt es bei ihnen ein internes Barcamp, mit unterschiedlich langen parallellaufenden Sessions. Dort wird geplant, resümiert, gelernt, beraten, sich ausgetauscht und Formalia werden geklärt. Am Ende des Tages ist jeder sowohl arbeitstechnisch als auch persönlich ein Stück weitergekommen. Es wurde an gemeinsamen Zielen gearbeitet und jeder ist up-to-date, was im Unternehmen gerade so vor sich geht. Und jeder hatte einen tollen Tag.
Wie funktioniert unser internes Barcamp?
Nach diesem Vorbild, auf Grundlage der erarbeiteten Kriterien und in dem uns möglichen Rahmen ist unser eigenes internes Barcamp entstanden, das im August 2019 unsere internen und ungeliebten Jour Fixes abgelöst hat. Es findet einmal im Monat statt und gibt uns die Möglichkeit, 4 ½ Stunden intensiv miteinander zu arbeiten. Ganz nach dem Motto: Frequenz senken, Effektivität steigern. Der Tag ist aufgeteilt in mehrere Time-Slots. Wir arbeiten sowohl in drei definierten inhaltlichen Arbeitsgruppen, als auch in offenen Sessions, kleinen Workshops und falls notwendig Einzelgesprächen. Die Struktur ist flexibel und richtet sich ganz nach unseren Bedarfen. Inhalte und Ablauf werden im Vorfeld und gemeinschaftlich über Trello geplant. So ist jede*r dafür verantwortlich, für sie oder ihn Relevantes einzubringen und den Tag mitzugestalten.
Unser internes Barcamp ist ein Work-in-Progress und ist sicher noch nicht bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Aber nach drei Monaten kann ich sagen:
- Ich stehe donnerstags wieder gerne auf!
- So langsam kommen wir als Team in diesem Format an!
- Geteilte Verantwortung führt automatisch zu mehr Beteiligung und Relevanz – für alle!
- Es gibt bereits Ergebnisse, mit denen im Arbeitsalltag weitergearbeitet wird!
- Die Zusammenarbeit wird intensiver und produktiver!
- Wir lernen uns als Team besser kennen!
- Wir können viel voneinander lernen!
- Es macht Spaß!
- Das Format regelmäßig zu reflektieren und ggf. anzupassen, ist wichtig für den Erfolg!
- Am Thema „Transparenz“ müssen wir nach wie vor arbeiten. Hier fehlt uns noch die zündende Idee, um nachhaltig auf dem Laufenden zu bleiben.
- Uns fehlt noch ein Titel! Ideen?

Julika Ritter
Julika koordiniert von Beginn an das Gesamtprojekt und ist Ansprechpartnerin für alles, von A wie Alumni-Arbeit bis Z wie Zebra. Zu Julikas Projektseite.
“Am Thema „Transparenz“ müssen wir nach wie vor arbeiten. Hier fehlt uns noch die zündende Idee, um nachhaltig auf dem Laufenden zu bleiben.”
Welche Art von Transparenz ist hier gemeint?
Die untereinander im Team?
Was genau soll hier transparenter werden?
Wie macht ihr das bisher?
Oder die Transparenz nach außen hin?
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Viele Grüße
Valentin
Lieber Valentin,
hier ist tatsächlich zunächst die Transparenz untereinander gemeint. Wir arbeiten in einer sehr komplexen Teamsituation, die dazu führt, dass wir uns nur sehr wenig sehen und auch größtenteils nicht zwingend auf eine enge Zusammenarbeit angewiesen sind. So wurde das Projekt konzipiert.
Diese Schnittmengen müssen wir aktiv suchen – größtenteils geht es hier darum, unser individuell erlangtes “Transfer-Wissen” zu bündeln und für alle nutzbar zu machen. Genauso müssen wir uns aktiv darum bemühen, transparent dem gesamten Team gegenüber zu arbeiten, d.h. die Kolleg*innen an meiner Arbeit teilhaben zu lassen.
Das ist gar nicht so einfach… wir haben schon einiges ausprobiert. Kurze Stand Ups mit Blitzlichtern aus dem gesamten Team (Woran arbeite ich gerade? Wo liegen Probleme? Was liegt an?), ca. 10 minütige Inputs von jew. einem/ einer Kolleg*in pro Team-Meeting, der Blog als eine Art Projekt-Log. Bisher hat sich nichts wirklich bewährt.
Auch hier müssen wir glaube ich wieder bei dem WARUM beginnen. Warum ist die Transparenz notwenig und wie können wir gegenseitig davon profitieren? Wenn wir uns diese Frage beantworten, können wir glaube ich ein sinnvolles Format finden bzw. entwickeln.
Ein wichtiger Schritt übrigens auch, um dann eine bessere Transparenz nach außen zu erreichen…
Liebe Grüße
Julika
Tolle Anregung, besten Dank für´s Teilen eurer Tools und Erfahrungen!
Liebe Anne-Kathrin,
vielen Dank für deine Rückmeldung! Wir halten euch auch weiterhin auf dem Laufenden.
Wir freuen uns selbst auch immer, wenn jemand seine eigenen Tools und Erfahrungen mit uns teilt und lassen uns gerne anregen. Gerne hier in den Kommentarspalten 😉
Herzliche Grüße,
Julika